Moor und Marsch.
23
erheblich ist auch der Nutzen, der von der Narbe des Hochmoors durch Hutungen und
Hieb von Heidplaggen zum Düngen und zur Streu gewonnen wird. Die „Moordamm-
Kultur" besteht in der Bedeckung des Tiefmoors, das vorher entwässert sein muß,
mit einer 11 cm starken Moorschicht, die aus Gräben entnommen ist, und dann
mit Sand. Dadurch werden die Wachstumsbedingungen für Ackerfrüchte so günstig
gestaltet, daß die derartig behandelten Böden an Höhe und Sicherheit der Erträge
dem besten Marschboden gleichkommen. Endlich aber hat der Chemiker das unan-
gegriffene Hochmoor selbst erobert, indem er den Bauer lehrte, künstlichen Dünger in
seine bare, blanke Narbe zu tun, und nunmehr wogen auf der ehemaligen Wüstenei
die schönsten Roggenfelder, während die Niedermoore zu ertragreichen Wiesen oder
Weiden aufgebessert werden.
Dennoch beruht die zweckmäßigste Nutzung auf der Fehnwirtschaft (Fenn, Fehn,
Venn — Morast). „Sie bedingt^ zunächst die völlige Abtorfung der Fläche, wobei
die oberste, als Brenntorf nicht verwendbare Schicht, die .Bunkerde' (Moostorf und
Heiderde), in Stücken von 0,30 — 1 m ,abgebunkt', d. h. auf den schon abyetorsten
Untergrund geworfen wird. Sodann wird sie mit mindestens 10 cm Sand bedeckt,
der mit der obersten Schicht der Bunkerde durch mehrmaliges Pflügen eng vermischt
wird. Die so gewonnene Ackerkrume verlangt in der ersten Zeit eine sehr starke
Düngung, gibt dann aber vorzügliche und sichere Ernten. Die Bunkerde verzehrt sich
in wenigen Jahrzehnten, und es bleibt, da der Untergrund des Moores meistens aus
schwach eisenhaltigem Sand und nur ganz selten aus Lehm und Klei besteht, ein Humus-
reicher Sand als Ackererde zurück." Damit aber dieses erfreuliche Ergebnis erzielt
werden kann, ist eine umfangreiche Wasserwirtschaft Vorbedingung. Ein Hauptkanal
vom abzutorfenden Moor nach dem nächsten Flusse oder einem andern Kanal muß
gezogen werden, und wenn das Werk recht gedeiht, begleitet ihn später ein paralleler
Wasserzug für die schnellere Hin- und Rückfahrt: beide werden durch rechtwinklig
einlaufende Kanäle vereinigt. Die Hauptwieke ist „die Mutter der Fehntjers, die ihm
Milch und Brot gibt". An sie gliedert sich das Netz der kleineren Wasserstraßen, der
Inwieken und Hinterwieken, daneben auch der Landstraßen, und wenn da günstige
Absatz- und auch Abwässerungsbedingungen vorhanden sind, entwickelt sich im Laufe
der Jahrzehnte ein rechtwinklig gegliedertes Gitterwerk von Gehöften, schließlich eine
Stadt. In mustergültiger Weise ist die Fehnfrage gelöst worden von der holländischen
Stadt Groningen, aber die niedersächsischen Fehne sind — mit Ausnahme der olden-
burgischen und der älteren im Reg.-Bez. Stade ans dem 18. Iahrh. — weit hinter
diesem Muster zurückgeblieben. Die meisten sind aus Mangel an Erfahrung oder an
Mitteln in minder gelungenen Versuchen steckengeblieben; auch das Papenburger, eins
der größten unter den deutschen, steht den holländischen stark nach. Die für alle nord-
westlichen Moore wirkende Zentral-Moorkommission in Bremen und ihre Versuchs-
station haben Wesentliches erzielt, aber große praktische Erfolge werden erst gewonnen
werden durch holländische Lehrmeister, die ihr Werk im Burtanger Moor begonnen
haben. Neuerdings hat eine starke, vom Staate geförderte Bewegung eingesetzt, die
Moore der Besiedlung zu gewinnen, sie hat vor allem die Nutzbarmachung der Hoch-
moore, nicht die Fehnwirtschaft zum Ziele, und in Hannover ist die erste amtliche
„Moorstelle" ins Leben getreten. Ihre Aufgabe ist es, alle bisherigen Erfahrungen
in der Moorkultur zu sammeln und zu verwerten.
Da, wo die Flüsse langsam und an den Küsten durch die Flut gestaut zum Meere
ziehen, lassen sie den Schlamm zu Boden fallen, den sie aus dem Berglande mit sich
führen, und dieser bildet dann das Marschland, das an den breiten Mündungsbusen
unserer großen Ströme sich am weitesten ausgedehnt. Zwischen den Mündungen der
Elbe und der Ems liegen 3386 qkm solchen Bodens, von dem etwa die Hälfte zweimal
täglich von Salzwasser überspült werden würde, wenn er nicht künstlich geschützt wäre.
' E.stumpfe, Die Besiedelung der deutschen Moore. Leipzig 1903, S. 104 ff.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]
7. Die Moore zwischen dem Dümmer und der Aller. — 8. Die Lüneburger Heide. 29
Nienburg, das ist Neue Burg, Stadt (10) rechts an der Weser, alter Brücken-
und Hafenort, der auch allerlei Großgewerbe treibt. Im übrigen haben sich in dem
Ackerbau treibenden Dreieck zwischen Weser, Aller und der Breite von Hannover,
abgesehen von Celle (f. S. 30), nur kleinere Orte entwickelt, so an der unteren Aller
Ahlden, in dessen Schlosse 1694-1722 die „Prinzessin von Ahlden" lebte, die un-
glückliche Sophie Dorothea. - Im Gebiete der Fuse Burgdorf (4) und das Dorf
Sievershausen, bei dem 1553 Moritz von Sachsen fiel,' Denkmal. - An der oberen
Aller Gifhorn (4) und etwas abseits vom Flusse Fallersleben, Mittelpunkt von
mehreren Kaliwerken. Hier wurde 1798 Hofmann von Fallersleben geboren, der
Dichter von „Deutschland, Deutschland über alles".
8. Die Lüneburger Heide (f. Titelbild!)
besteht mit ihrer Fortsetzung im Stadefchen aus verschiedenen Höhenzügen, die
zusammen eine Art stark gewellten Hochlandes von mäßiger Erhebung bilden.
Sie erreicht 169 m im Wilseder Berge, dem Quellgebiete einer großen
Anzahl von Flüssen; nach der Aller und der Weser hin senkt der Rücken sich
langsam, nach der Elbe hin fällt er mit steilen Rändern ab. Bedeckt ist er
großenteils mit den Landen, welche die Schmelzwasser der zurückgehenden
Gletscher der Eiszeit ausgebreitet haben.
Dem Begriff „Heide" wird in verschiedenen Gebieten ein abweichender Sinn .zu-
gründe gelegt. Im allgemeinen kann bei uns darunter ein offenes Gelände ohne
erheblichen Baumwuchs verstanden werden, wo die Holzgewächse im wesentlichen aus
niedrigen oder Halbsträuchern bestehen (so P. Graebner). Der Lüneburger Heidrücken
ist größtenteils ein verwüsteter Waldboden und wirklich auf weite Strecken hin eine
Art Wüste geworden, „in der sich Wacholder, Heide und Besenpfriem Gesellschaft
leisten". Der Kampf der Heide mit dem Walde dauert schon Jahrhunderte hindurch,
und der Wald ist im Nachteile durch das Abwärtsspülen der Nährstoffe aus dem
lockeren Sande, durch Abhauen (Lüneburger Salzwerk) und die Bildung des Ort-
steins, der die Baumwurzeln tötet (so Sennes). Andere Stellen sind mit Kiefern und
selbst Fichten bestanden, und die beharrlichen Anstrengungen, die Heide wieder auf-
zuforsten oder in den Senken die saftig grünen „ Rieselwiesen" anzulegen, die eben
hier ihre Heimat haben, gehen einen guten Gang. Großartige Aufforstungen durch
die Provinzialverwaltung liegen in den Feldmarken von Örrel, Lintel und Bram-
bostel, und bei den Bahnhöfen türmen sich die großen Stapel von Grubenhölzern, die
nach den westfälischen Bergwerken und in die Kaligruben gehen. Auch fehlt es
keineswegs an anbauwürdigen Geestäckern, und das Einsammeln von Pilzen, Heidel-
und Kronsbeeren bringt ansehnlichen Verdienst. Die genügsame, tapfer aushaltende
Heidschnucke ist dem Heidbauern, soweit er noch nicht mit modernem Landwirt-
schaftsbetriebe vertraut ist, so unentbehrlich wie dem Lappen sein Renntier, aber mit
der Heide verschwindet auch die Schnucke und umgekehrt. Es mögen noch höchstens
90000 dieser gehörnten Wollträger vorhanden sein. Über die Fischzucht siehe S. 49. —
Die Heide besitzt auch manche Züge eigentümlicher Schönheit, den feierlichen
Ausblick über menschenleere Weiten, klare, plätschernde Bäche, anheimelnde Gehöfte
unter alten Eichen, uralte Steingräber und vor allem im Hochsommer Hügelauf,
hügelab die purpurne Decke des endlos blühenden Heidekrautes, voll summenden
Insektenlebens. Das sogenannte „Paradies der Heide", bei Fallingbostel an der
Böhme, mit seinem Saume von uralten, knorrigen Buchen ist recht malerisch. Aber
jetzt, wo die ehemalige Wildnis unter dem Andränge aus den umliegenden Groß-
städten und dem Anwachsen neuer Kulturen drauf und dran ist, das zu verlieren,
1 S. Bilderanhang S. 67.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
9. Der Kranz der Marschen und Moore um den Geestrücken.
31
Ein besseres Gepräge weisen die Höhenzüge im nördlichen und im östlichen
Lüneburg auf, die ebenso Wie die Heide zum Südlichen Landrücken gehören,
der erst bei Cuxhaven endet- ihr tonhaltiger Boden trägt vielfach schönen
Buchenwald. Sie beginnen nördlich vom Bruchlande des Drömling, das
auf künstlichem Wege nach der Aller und der Ohre hin (s. S. 22) entwässert
wird, und ziehen in nordnordwestlicher Richtung zum Teil über die Elbe
hinaus. Zu ihnen gehören:
a) Der Lemgow [lemgö], rechts der Jeetzel.
b) Der Drawehn (vom slawischen vrevjan — Holz), links vom Flusse, bis 142 m
hoch. Den bewaldeten Höhen hat der leicht bewegliche Sand die weichen Formen
gegeben. In der breiten Wiesenniederung der Jeetzel die drei kleinen Städte: das
alte Lüchow [lüchö], vom slawischen Luch — Sumpfland, Hauptort der ehemaligen
Grafschaft Lüchow, Dannenberg und auf einer Insel in der Einmündung in die
Elbe Hitzack er. Die beiden letzten Städte sind um deutsche Zwingburgen im wendischen
Lande entstanden,- im Schlosse von Dannenberg saß 1223-25 der König Waldemar Ii.
von Dänemark gefangen.
c) Der Name Göhrde im engeren Sinne kommt einem annähernd kreisrunden
Waldlande von 10 km Durchmesser zu, sie ist bis 150 m hoch. Ihr glänzender
Wildbestand hat von jeher die Herrscher des Landes zur Weidmannslust angelockt.
16. September 1813 Sieg der Verbündeten- Denkmal.
Dieser östlichste Winkel Hannovers zwischen der Elbe und Sachsen erinnert durch
seinen Namen, das Wendland, daran, daß die Bewohner bis zu einer Linie von
Bleckede südwärts einst Slawen waren. Viel Eigentümliches haben sie sich noch
bewahrt im Körperbau, in Kleidung, Sitten und in der hufeisenförmigen Bauart der
„Rundlingsdörfer", die nur einen Eingang besitzen.
9. Der Kranz der Marschen und Moore um den Geestrücken.
Die Marschen lagern an den Flüssen, vor allem an der Elbe und der
Weser, aber auch an der Oste, der Medem und der Geeste wie an den
kleineren, gewöhnlich durch einen breiten Streifen Moorlandes getrennt von
der hohen „Geestkante". Das Moor dringt an vielen Stellen tief in die
Geestrücken ein oder überlagert ihn als Hochmoor. Politisch gehört der weit-
aus größte Teil dieser Randgebiete zu den Reg.-Bez. Lüneburg und Stade,
kleinere Stücke zu Hamburg, Bremen und auch Oldenburg. Alte Landes-
namen: die Herzogtümer Bremen und Verden, jenes den größeren
nördlichen Teil von Stade bildend — ausgenommen das Land Hadeln, um
die Medem dieses die südliche Ecke- beide waren bis 1648 Bistümer,
wurden dann schwedisch, 1715 hannoversch.
a) Die Elbmarschen von Schnackenburg bis Harburg mit dem
rechtselbischen Anteile bis zur Rögnitz, nicht selten - so 1888 - von den
Hochfluten der Elbe arg bedroht.
Wie die meisten Städte in der Nähe unserer großen Flüsse und der See ist Har-
bürg am Rande einer Geestzunge erbaut, so daß es zugleich die Marsch berührt
(Grund?), und da diese Geestzunge bis an einen schiffbaren Elliarm vorspringt, so ist
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
36
Iv. Pflanzen- und Tierleben.
monat Juli, und auf den Sommer kommen 30-34% aller Niederschläge.
An den Küsten ist auch der Herbst sehr regenreich, denn es fallen hier in ihm
28-30°/» aller Niederschläge, im Frühling nur 18%.
Die größte Regenhöhe an einem Tage ist mit 72 mm bei Clausthal beobachtet
worden. An Schneetagen zählt Lingen 18, Braunschweig 41, Clausthal 72, der
Brocken 244 im Mittel. Die Gewitter treten am häufigsten im Juli auf, aus der
„Gewitterecke", dem Sw, kommend.
Iv. Pflanzen- und Tierleben.
Die Bodenbedeckung, die einem großen Teile unseres Gebietes sein eigenartiges
Gepräge gibt, ist das Heidekraut, überwiegend bestehend aus der gemeinen Heide
(Calluna vulgaris), daneben aus der fröhlicher aussehenden Doppheide (Erica tetralix).
Beide bedecken im Reg.-Bez. Lüneburg gegen 22, in Stade 28, Osnabrück 32% des
Bodens und geben nach der Auffassung hannoverscher Forstleute eine höhere Grund-
rente, als wenn sie „zur Hebung der Landeskultur" in Kiefernwälder verwandelt
würden. Entstanden sind die Heiden zum Teil aus sich selbst heraus durch die Ungunst
des Bodens, dessen feiner, kalkloser Sand nicht feucht genug ist, um Grasrasen zu
erhalten. Wird der Boden hinreichend durchfeuchtet, so schwindet die Calluna und
macht anderen Gewächsen Platz. Sie kommt demnach nur auf Sandboden und im
Hoch-, nicht im Tiefmoore vor. Die Lalluna schwindet aber auch, wenn der Heide-
boden sich selbst überlassen ist und durch menschliches Eingreifen in keiner Weise gestört
wird, denn alsdann wird sie in verhältnismäßig kurzer Zeit vom Waldwuchse über-
zogen, der noch im Mittelalter unsere jetzigen Heideflächen bedeckt hat, aber durch
unverständige Forstwirtschaft, im Lüneburgischen durch den Holzbedarf des uralten
Salzwerkes, zerstört wurde. Der Kreislauf muß danach im allgemeinen folgender
gewesen sein: Der Wald geht durch menschliches Eingreifen ein, sein Boden versumpft
und vermoort, auf den völlig ausgewachsenen und damit absterbenden Mooren (Hoch-
mooren) siedelt sich die Heide an, und diese würde wieder dem Buschwalde weichen,
wenn der Mensch nicht ihren Bestand künstlich unterhielte und wenn nicht der zu-
nehmende Ortstein das Einwurzeln der Waldbäume verhinderte. Cs gibt bei uns
keine sogenannten „Urheiden", denn die Lalluna wird nur etwa 15 Jahre alt, wird
aber immer wieder durch Plaggenhieb und Weide gezwungen, sich zu erneuern, wobei
der Viehbiß, der den Wacholder verschont, den Waldwuchs unterdrückt K — Eine
Charakterpflanze unseres Gebietes ist die mit glänzenden Blättern ausgestattete Stech-
palme (Ilex aquifolium) insofern, als sie einen Klimamesser abgibt und anzeigt, daß
an den Stätten ihres Vorkommens eine mittlere Iahreswärme von mindestens C
und eine mittlere Ianuartemperatur von 0° herrscht. Rur der äußerste So unseres
Gebietes und damit der Harz ist ihr verschlossen, und ihr fossiles Vorkommen zwischen zwei
Schichten, die genügend die Annahme längerer Kältezeiten rechtfertigen, ergibt allein schon
mit Sicherheit einen zeitweiligen starken Rückgang des Eises (s. S. 21). — Über Wald-
bedeckung und landwirtschaftliche Pflanzen siehe S.47f.,über die Moore S.22f.
Die Tierwelt unseres Gebietes ist geradezu klassisch für die Lebeformen des
Moores und der Heide, mehr als in irgendeinem anderen Deutschlands. Von den in
diesem vorhandenen 77 Säugerarten kommen 64 bei uns vor, und ungemein reich ist
die Vogelfauna, denn sie umfaßt 260 Arten, nämlich fast 160 Arten von Singvögeln,
8 Spechts-, 11 Eulenarten. Mandelkrähe und Wiedehopf find sehr selten geworden,
verschwunden ist der Uhu. Ausgerottet find Nerz und Biber, an den noch Ortsnamen
* Ernst L. L. Krause, Die Existenzbedingungen der nordwestdeutschen Heidefelder
(Globus 1895, Bd. 70).
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Erica Ernst_L._L._Krause Ernst
Die Lüneburger Heide an der mittleren Luhe. Im Gegensatz zu den beträchtlichen Hügeln an der oberen Luhe zeigt hier die Landschaft eine
sanftwellige Form. In ihrer tiefsten Rinne führt der Flusz seine stets klaren Wasser in Schlangenwindungen durch moorige Wiesen der Ilmenau zu. Wo der
Sandboden lehmhaltig ist, liegen im Windschutz knorriger Eichen, öfter umhegt mit einem Walle von Findlingsblöcken, umgeben von Wiesen und Äckern, nieder-
sächsische Langhäuser. Sie bilden zugleich Wohnstätte, Viehstallung und Scheuer der mühsam arbeitenden Heidebauern. Der Schäfer treibt seine Herde auf die
feuchteren Landstriche, wo Binsen, Sauergräser und Sumpfheide (Erica) locken Die kiesreichen Stellen schmückt im Frühling gelbblühender Einster, der jetzt im
Mittsommer dunkle Schoten trägt. Nun ist die Heide am schönsten. Sie schimmert und duftet im Purpurgewande des blühenden Sandheidekrautes (Calluna),
soweit das Auge über die menschenleere Fläche mit silberstämmigen Birken, mit Eichen, Wacholdern und Kieferngehölzen dringt.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
Allgemeine Übersicht, — Bodengestalt. Flüsse.
3
wird etwa bezeichnet durch die Städte Helmstedt, Wolfenbüttel, Hannover,
Minden und Bramsche. Die Hauptteile dieses Gebirgslandes sind:
1. Der Harz, nahe der Grenze der Brocken, 1141 m.
2. Das Ostfälische oder Leine-Bergland.
3. Das Weser-Bergland, wie das vorige nirgends höher als 550 in.
b. Die zwei n.ö. Viertel — Ost-Hannover — gehören der nord-
deutschen Tiefebene an. Hauptteile:
4. Die Moore zwischen der Aller und dem Dümmer.
5. Der Lüneburger Heidrücken.
6. Der Kranz der Marschen und der Moore um den Heidrücken.
c. Das w. Viertel — West-Hannover — gehört ebenfalls zumeist dem
norddeutschen Flachlande an und liegt überwiegend im Gebiete der großen
Moore. Hauptteile:
7. Das Gebiet der mittleren Ems.
8. Ostfriesland.
Neune nach der Karte die 7 hannoverschen Inseln in der Nordsee.
6) Höhenvergleiche. Ein dreistöckiges Wohnhaus hat etwa 15 in, ein mittelhoher
Kirchturm 50 in, die Marktkirche zu Hannover 95,5 ni, ein Seedeich 4—8 m, eine Jnsel-
düne au der Nordsee bis 35 in Höhe. See höhe besitzen: die Stadt Hannover 55,
Münden 141, der Wilseder Berg, der höchste Punkt der Lüneburger Heide, 171, der
Deister 410, der Wurmberg, im Harz, höchster Punkt von Braunschweig, 970, der
Bruchberg, im Harz, höchster Punkt Hannovers, 925, die Zugspitze, höchster Punkt des
Deutscheu Reichs, 2900, der Montblanc 4810, der Gaurisaukar-Evsw^erest, im Himalaja,
8800 in.
7) Flüsse. Fast T\ unseres Gebietes werden dnrch die Elbe entwässert,
f72 durch die Weser und T2¥ durch die Ems. Die Weser ist für uns somit
der wichtigste Strom.
a. Die Elbe, vom Riesengebirge. Nebenflüsse in unserem Gebiete: Bode,
vom Harz, Jeetzel, Ilmenau mit der Luhe; Este, Lühe, Schwinge und Oste.
Haupthafen Harburg.
Die Elbe übertrifft an Wassermenge und Seeverkehr die Weser erheblich, und Har-
bürg ist, was den Verkehr mit Flußschiffen anbetrifft, der bedeutendste Hafen unseres
Landes. Die Flutwelle ist bis Geesthacht, unterhalb Lauenbnrgs, in seltenen Fällen bis
Bleckede hinauf spürbar; der Strom gleicht von der Mündung der Schwinge an einem
Meerbusen, und seine Breite beträgt bei dem hamburgischen Cuxhaven 15 km. — Die
tiefe, wasserreiche Oste wird bald unterhalb der Quelle schiffbar.
I). Die Weser. Ihr eigentlicher Quellfluß ist die grüne Werra1), die
auf dem Thüringer Walde entspringt und sich bei Münden mit der roten
Fulda vereinigt. L. Emmer, Wem, Aue und Hunte, durch den Dümmer.
R. Aller, mit Oker, Fuse, Leine, Oertze und Böhme; die Lesum, die aus
der Wümme und Hamme entsteht, und die Geeste. Haupthäfen Münden, Holz-
minden, Hameln, Nienburg und Geestemünde.
Werra und Fulda sind bereits vor dem Eintritte in hannoversches Gebiet kahn-
bar, und die letztere ist auch durch eine größere Strecke hin kanalisiert, während dies für
die eigentliche Weser oberhalb Bremens noch aussteht. Immerhin geht die regelmäßige
l) Die Werra führte im Althochdeutschen den gleichen Namen wie die Weser-
Wffuraha, Wisüra, Wesera, woraus durch Assimilation Wiraha, Werraha und dann
Werra wurde.
1*
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
Landschaftskunde- — Der Harz und seine Vorberge.
7
in den zahlreichen Sommerfrischen und Kurorten- Den Eintritt in das Innere des Ge-
birges erleichtern bereits 4 Bahnen, es wird durchschnitten von der „Harz-Querbahu"
Nordhausen—ilfeld —Drei Annen—wernigerode.
Vor allem aber ist der Harzer Bergmann, der im tiefen Erzgange das „Fäustel"
schwingt. Die Urgebirgsmasse des Harzes birgt so ziemlich alle Gesteine der Primär-
zeit i) der Erde, er ist für den Gesteins- wie den Pflanzen- und Tierkundigen ein wahres
„Naturalienkabinett". Es überwiegen Grauwacke und Schiefer, im Oberharze viel Carbon,
durchbrochen von vulkanischen Auswurfstoffen, wie Diabas, Granit, Quarz-Porphyr und
Basalt. Um das Gebirge aber schlingt sich ein Band von Kupferschiefer, dessen Aus-
beute das Mansseldische zu dem (nächst Spanien) ersten Kupferlande von Europa gemacht
hat. Der Oberharz besteht vorwiegend aus Kulm-Grauwacke, von Erzgängen durchsetzt,
namentlich von silberhaltigen Bleierzen, Zinkblende und Kupferkies. Daher hier 6 von
den 7 Bergstädten: Grund, Lautenthal, Wildemann, Zellerfeld, Klausthal und Altenau.
Die 7., Sankt Andreasberg, liegt in dem wild zerrissenen Dreiecke zwischen der Sieber
und der Oder, das vorwiegend Silbererze liefert. Der Rammelsberg (d. i. Rabenberg)
bei Goslar spendet Blei- und Kupfererze. Eisenerze besonders bei Zellerfeld und in
dem Striche Elbingerode — Rübeland — Harzgerode- (Weiteres über den Bergbau s.
S. 38.) Wald und Erz sind die Kleinode des Harzes; daher der alte Harzspruch:
„Es grüne die Tanne, es wachse das Erz;
Gott schenke uus allen ein fröhliches Herz!"
Unter den zahlreichen Höhlen, welche durch die Auflösung des Gipses und Stein-
salzes durch das Wasser entstanden sind^), war ehemals die berühmteste die Einhorn-
höhle bei Scharzfeld, reich an Zeugnissen aus vorgeschichtlicher Zeit. Überreste vor-
weltlicher Tiere (Höhlentiere der Tertiärzeit) sind massenhaft gefunden in der Bau mann s -
und der Bielshöhle bei Rübeland. Hier wird am meisten aufgesucht die am besten
zugängliche Hermannshöhle, die am schönsten mit weißen Tropfsteingebilden ge-
schmückt ist.
Von den nördlichen Vorbergen des Harzes, deren bunt durcheinander
gestreute Menge von niederen Höhen mit Einzelbenennungen von den Geo-
graphen auch wohl als snbhercynisches Hügelland zusammengefaßt wird,
sind zu nennen: In unmittelbarer Nähe des Unterharzes bei Blankenburg und
Thale der merkwürdig zerrissene Quadersandstein der Teufelsmauer; der
Oderwald und die Asse, je auf einer Seite der Oker oberhalb Wolfen-
büttels; der breite Rücken des Elm mit dem Herzberg (327 m), mit schönem
Buchenwalde bestanden, spärlich bewohnt. Endlich die Helmstedter Höhen,
l. längs der obersten Aller. Zwischen dem Ostrande des Elms und dem
Westrande der Helmstedter Höhen erstreckt sich das große Helmstedter Braun-
kohlenlag er, etwa 25 km lang und 6 km breit, mit zahlreichen Schachten
und mehreren Tagebauen. Die vielen Zn,ckersiedereien im Braunschweigischen
und Magdeburgischen werden durch diese Kohlen versorgt.
*) Die Geschichte von der Bildung unserer Erde wird in die Urzeit und 4 weitere
Abschnitte von der Primär- bis Quartärzeit eingeteilt. Wir stehen in der letztgenannten.
-) Das Durchfließen des Wassers und seine chemische Wirkung hat am meisten zur
Bildung von Hohlräumen beigetragen, und die Höhlen von Rübeland sind zweifellos
durch die Bode ausgespült, welche dabei aber den vorhandenen Spalten gefolgt ist.
Entsprechend der o.w. Zerspaltnng des Kalkfelsens läuft die Längsrichtung der Höhlen
von O. nach W. Die Tierreste, z. B. die des Höhlenbären, sind in die Höhlen durch das
Wasser hineingespült, nur in den seltensten Fällen liegen sie in ihrer ursprünglichen Lage.
Spuren des Menschen fanden sich nur in den obersten Schichten der Einhornhöhle-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral]]
Landschaftskunde. — Leine- und Weser-Bergland.
9
Hessischen, der Kaufunger Wald; weiter s.ö. der Hohe Meißner'), dessen
sargähnlicher, aus Basalt aufgebauter Rücken, 750 m hoch, 500 m über der
Umgebung, im Leinethale bis halbwegs nach Hannover sichtbar ist.
f. An den mit mächtigen Burgtrümmern geschmückten Hanstein, am
Rande des Oberen Eichsfeldes, knüpft sich im W. zwischen Leine und Weser
ein Berglaud ohue Gesamtnamen, zuweilen als Grubenhagener Berge be-
zeichnet uach dem alteu Herzogtums Grubeuhagen^).
Unter den hier hervorbrechenden Basaltkuppen ist die bedeutendste der Ho Hehn gen
(455 m), die Bram bürg bei Hardegsen die nördlichste Deutschlands überhaupt, über
die Gebirgshöhe führt in höchst kunstvollen Windungen die Bahn Göttingen-Münden.
Im Westen längs der Weser der Bramwald (422 m).
g. Der Solling (500 m) ist eine mit dem prächtigsten Walde bestandene,
im Innern wenig besiedelte Gebirgsmasse, deren malerische Ränder die Weser
bis Höxter begleiten. Hirsche, Rehe und Schwarzwild. Sollinger Sandstein-
platten.
b. Das merkwürdige, an den Enden zugespitzte Eirund der Hilsmulde
schließt im S.o. nochmals eine ähnliche, aber nach N.o. geöffnete Ellipse ein,
die vom Hils selbst gebildet wird.
Die Hauptteile des Westrandes sind der Hils mit dem Großen Sohl (464 m),
der Ith und dessen n. Fortsetzung, die Lauensteiner Berge, deren Kalkfelsen schroff
nach der Senke von Koppenbrügge abfallen. W. vom Hils der Vogler, nahe der Weser
bei Bodenwerder, 402 in.
Längs der Leine der lange Zug des Külf.
3. Das N)eser-Bergland.
Ausdehnung n.w. von der Senke Elze-Hameln und der Emmer bis
in die Niederung der Ems.
Das Gepräge dieses Berglaudes bleibt im O. der Weser im ganzen das-
selbe wie bei dem vorigen, aber die Gliederung wird einfacher, die Züge gehen
mehr in die n.w. Richtung über, und schließlich verbleiben nur noch zwei
gleichlaufende Ketten.
Die Berge gehören überwiegend der ^Kreide und dem Jurakalke an, dazu tritt
zwischen Leine und Weser der Wealden^uilden^sandstein, der verwittert als sog.
Wälderthon vortrefflichen Waldboden abgiebt. Diese Bildung enthält auch Kohlenlager,
und daher werden Külf, Osterwald, ein Teil des Hilsrandes, Deister und Süntel zu-
sammen wohl als Hannoversches Kohlengcbirge bezeichnet. Vortreffliche Kohlen und
Eisenstein sodann in der Nähe von Osnabrück und am Westends des Osnings. —
Schieferthon und Mergelschichten bilden in der Ebene, namentlich im Calenbergischen
zwischen Hannover und Hameln, sehr fruchtbares Ackerland.
a. Der gauz mit prächtigem Walde bedeckte Osterwald geht im N.w. in
den Kleinen Deister oder Saupark über, der größtenteils eingehegt ist und
ein Jagdgebiet unserer Herrscher bildet. Die Thalsenke der Deister Pforte,
ein Durchgang für Straße und Eisenbahn, trennt ihn von
b. dem Deister, einem ungegliederten Rücken (410 m).
J) Im Volksmunde Weißner benannt, weil er bis spät ins Frühjahr hinein
Schnee zu tragen pflegt.
-) Die Trümmer des Schlosses dieses Namens liegen s.w. von Einbeck.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil]]
Landschaftskunde. — Das n.w.-deutsche Tiefland.
11
die größere Wassermenge selbst in die Ems läuft. Die Wasserverteilung wird an dieser
Stelle jetzt künstlich geregelt.
Ii. Zwischen Weser und Werre das mannigfaltige Lippische Bergland.
Im hannoverschen Anteile der schön aufragende Klüt (261 m, 197 über der Weser),
bei Hameln.
Aufgabe: Zeichne nach der Karte S. 5 das hier besprochene Bergland in 2—3 sacher
Vergrößerung und trage die dort fehlenden Gebirge ein.
Das nordwcft-deutschc Tiefland im allgemeinen.
Das n.w.-deutsche Tiefland wird durch die Aller und die untere Weser-
geschieden in das Gebiet der großen Moore, im W., und in die Lünebnrger
Heide, im N.o. Die letztere umfaßt in weiterem Sinne den Sandrücken,
der erst bei der Elbmündung endet und der letzte w. Ausläufer des Südlichen
oder Karpatischen Landrückens ist. Durch den Zusammenhang mit dem letz-
teren ähnelt der ö. Teil unseres Gebietes mehr dem ö. Norddeutschland,
während die großen Moore des W. den Übergang nach den Niederlanden
bilden. In beiden Teilen umrahmen Marschen und Tiefmoore die Ränder der
Hochmoore und der Geest. Geest, Moor, Marsch, Watten und Sandinseln
sind die 5 Hauptteile unseres Flachlandes.
Die Oberfläche ist durch die Eiszeit gänzlich umgestaltet worden. Ungeheure Gletscher
liefen damals von den skandinavischen Bergen bis an den Rand unserer Mittelgebirge,
schoben vor sich her oder in ihren Grundmoränen mächtige Massen Lehms, Mergels und
Sandes, die stellenweise über 30m hoch aufgeschüttet liegen, und brachten auf ihrem Rückeu,
oder in den Eisstrom eingebettet, Geröll, Steinsplitter und mächtige Blöcke nordischen Ge-
steins mit sich, welche noch als Findlings- (ober erratische) Blöcke zahlreich aus Sand und
Moor aufragen. Keine einzige der Ablagerungen auf unserer Fläche, die Höhen wie die
Tiefen, ist ganz ohne Beimischung solcher nordischen Gesteine geblieben; nur hie und da
finden sich als Reste älterer Meere Muschelkalkbänke und durchbrechen andere Spuren
des Bodens der Tertiärzeit die diluviale Decke der Eiszeit.— Von den drei Eiszeiten,
die über den Boden Norddeutschlands gegangen sind und die von eisfreien Zeiten, Jnter-
glazial-Perioden, unterbrochen waren, hat im ganzen nur die größte, die zweite, auf
unserem Gebiete gewaltet. Sie hat ihre Wirkungen bis nach den Niederlanden hin, ja
noch über deren heutige Landgrenzen hinaus ausgedehnt.
Die etwas erhöhten Rücken haben im ganzen dieselbe Gestalt behalten, die ihnen
das „Schieben" durch die Eismassen gegeben hat. Sie bilden die sandige Geest (von
güst = unfruchtbar; so auch Insel Jnist, spr. jüst).
Als die Gletscher zurückwichen, begann die Arbeit der Flüsse. Wo der Abfluß der
Gewässer gehemmt war, bildeten sich auf dem Rücken der Geest die Hoch- oder Über-
wassermoore, welche fchwach uhrglasförmig gewölbt sind und in der Mitte einen dunklen
kleinen See zu tragen pflegen, während an den geneigten Rändern das Wasser Ablauf
findet. Daher rühren die zahlreichen kleinen Moorfeeen Ostfrieslands. Die narbige Fläche
des Hochmoors trägt Moose und Heide, der Wald ist vertilgt, niedrige Birken und spär-
liche Kiefern sind der ganze Baumwuchs. An den braunen Moorgewässern flattern die
silberweißen Fäden der „deutschen Baumwolle" (Eriophorum vaginatum). — An den
tieferen Stellen entstehen in den gestauten Gewässern die Unterwasser- oder Grün-
landsmoore, aus allmählich untersinkenden Pflanzenschichten gebildet. Die grüne Pflanzen-
decke, deren Gräser meist abgemäht werden können, zittert unter unserem Fuße; auf dem
Steinhude! Meere und anderen Gewässern werden wohl bei Sturm Stücke von ihr ab-
getrennt und abgetrieben und müssen dann mit Kähnen wieder an ihre Stätte zurück-
geschleppt werden.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
12
Landeskunde von Braunschweig und Hannover.
Ausgenutzt wird das Moor zunächst zur Gewinnung von Torf, der in immer
mannigfaltigerer Weise verwertet wird. Doch ist dies eine Art Raubwirtschaft, die nur
dann zweckmäßiger ist, wenn unten guter Kleiboden gefunden wird; zumeist aber lagert
dürftiger Sand unten, und auch im Tiefmoore vergehen lange Jahre, ehe das Torfpolster
wieder die alte Höhe erreicht hat. Noch weniger gut steht es um das Abbrennen des
Moors, das zum Glück immer mehr abnimmt. Im Hochmoore wird die oberste Pflanzen-
decke im trocknen Frühjahr in Brand gesetzt, endlose Wolken braunen Moorrauchs
wälzen sich bis tief ins Mittelgebirge hinein, und in den durch die Asche gedüngten Bo-
den säet der arme Moorkolonist seinen Buchweizen. Aber nach etwa 6 Jahren ist die
Kraft des Bodens erloschen, und 30 Jahre muß er nun brach liegen. Nicht sehr erheb-
lich ist auch der Nutzen, der von der Narbe des Hochmoors durch Hutuugen und Hieb
von Heidplaggen zum Düngen und zur Streu gewonnen wird. Weit Bedeutenderes hat
geleistet die Fehnwirtschaft (Fenn, Fehn, Veen — Morast). Es werden Entwässerungs-
und Schiffahrtsgräben angelegt, der Torf zum Teil abgegraben und verfrachtet, und auf
dem übriggelassenen und mit dem Sande des Untergrundes gemengten Boden erblüht
behäbiges landwirtschaftliches Leben. Das sieht man an der Wümme, Oste, Hamme und
in Ostfriesland, ja die Stadt Papenburg mit ihrer rührigen Reederei ist aus einer Fehn-
kolonie erwachsen. Die „Moordamm-Kultur" besteht in der Bedeckung des Tief-
moors, das vorher entwässert sein muß, mit einer Sandschicht. Dadurch werden die
Wachstumsbedingungen für Ackerfrüchte so günstig gestaltet, daß die so behandelten Böden
an Höhe und Sicherheit der Ertrüge den besten Marschboden übertreffen. Endlich aber
hat der Chemiker das unangegriffene Hochmoor selbst erobert, indem er den Bauer lehrte
künstlichen Dünger in seine bare, blanke Narbe zu thuu, und nunmehr wogen auf der
ehemaligen Wüstenei die schönsten Roggenfelder. — Unter der Moordecke findet sich viel-
fach der Ort- oder Rafeneifenstein (f. S. 15s.).
Da wo die Flüsse langsam, aber ungehindert zum Meere ziehen, lassen sie den
Schlamm zu Boden fallen, den sie aus dem Berglande mit sich führen, und dieser bildet
daun das Marschland (7,3^ der Gesamtfläche von Hannover)'), das an den breiten
Mündungsbusen unserer großen Ströme sich am weitesten ausdehnt. Ist die Marsch
soweit in die Höhe gewachsen, daß sie über dem mittleren Spiegel des Meeres und der
Flüsse liegt, so wird sie durch Deiche geschützt. Dies sind Wälle mit steiler Innen- und
langsam abfallender Außenseite, welche letztere durch Stroh- oder Steinwandungen ge-
schützt ist. Ihre Unterhaltung kostet jährlich Hunderttausende. Die Binnengewässer werden
mittels Schleusen, Siele genannt, durch die Deiche hindurch abgelassen. Neu einge-
deichte Landstrecken heißen Polder; sie erinnern durch ihre Fruchtbarkeit an den Boden
Ägyptens, und im Anßendeichs-Lande reicht das saftige Gras dem weidenden Rindvieh
bis an den Bauch.
Vor der Küste ist durch das Spiel der Wellen und des Windes die Kette der Sand-
hinten2) aufgehäuft. Aber das ungestüm anbrandende Meer hat sie zerrissen und in
Inseln aufgelöst, es hat sich auch über das Marschland hinter den Inseln ergossen, da
es durch die Deiche nicht vollständig beschützt werden konnte. Im 14. Jahrh. begann der
Einbruch der See in die Gefilde, die jetzt der Dollart bedeckt, und entstand auch der
Jadebusen. „Nordsee, Mordsee". Das Schlamm- und Sandland der Watten
zwischen den Inseln und den Deichen wird täglich zweimal vom Seewasser bedeckt und
zweimal zum Teil trocken gelegt <Wattenpost nach Norderney!). Die Watten gewähren
ergiebigen Fischfang und für Küstenschiffe eine ruhige Fahrstraße vou der Südersee bis
zur Elbe. — Die Höhe einer gewöhnlichen Flut betrügt etwa 2 m, diejenige einer Sturm-
flut bis 8 m über dem Ebbespiegel.
Die Nordsee, besser das Deutsche Meer genannt, ist verhältnismäßig flach, in
der Nähe unserer Küsten selten über 20 m tief. Weit ragen in sie hinaus die sandigen
1) Die Geest umfaßt 73, das Bergland 19x-
2) S. die Bilder S. 52—53.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]